Wie sieht's denn bei den Vorgängern mit der Unterstützung durch den Linuxkernel aus? Bei den meisten SBCs wird eine Kernelversion so hingefrickelt, dass sie einigermaßen läuft und bei der hängt man dann für immer fest.
Ich habe hier zwei ODROID N2+ (S922X CPU, 4xA73@2.4GHz + 2xA53@2.0GHz) und die Kernelunterstützung ist einwandfrei (derzeit bis 5.14.y – wobei ich selbst die jeweils neuesten verfügbaren Kernel meide und hier aktuell 5.13.y verwende)[*]; im Forum tummeln sich u. a. Debian-, Ubuntu- und Arch-Nutzer – viel besser wird's nicht. HardKernel hat hier schon mit älteren Modellen bewiesen, dass sie um den Wert der Software-Unterstützung wissen und entsprechend Aufwand investiert, um gängige Linux-/Android-Distributionen damit zum Laufen zu bekommen. Dennoch sollte man sich zutrauen, bei Nicht-x86_64/amd64-Architekturen den Kernel selbst zu übersetzen, weil ab und zu einmal Module nicht einkompiliert sind (insgesamt eben eine drastisch kleinere Nutzerbasis verglichen mit vorgenannter Architektur, klar) wie etwa diejenigen, welche man für die LXD+QEmu-VM-Steuerung benötigt.
Bei den Radxa-SBC kommt es stark auf das Modell und die jeweilige CPU an, da gibt es durchaus auch größere Probleme, was man so im Forum sieht – mit der Zeit wird es sicherlich besser, aber man kann dort eher in die Rolle eines "Early Adopters" geraten (was schlichtweg daran liegt, dass die verbauten CPU neueren Datums sind als die vorgenannte). Andererseits wird auch bei Radxa Wert darauf gelegt, dass viele OSS-Autoren entsprechende Modelle als Erste in die Hand bekommen (dadurch wird die Kernel-/Treiberunterstützung stärker ausgelagert).
Gegenüber den zahlenmäßig weiterverbreiteten "Original-Raspberries" – und da muss man sich einlesen! – haben alle vorgenannten Modelle allerdings den Vorteil, dass hier wirklich alles als OSS verfügbar ist, ohne jegliche proprietären Software-/Firmware-Bestandteile, welche man beim Raspberry nicht umgehen kann und (bislang) nicht dokumentiert bekommt[**]. Das ist ein Grund, warum beispielsweise verschiedene Distributionen diese Modelle meiden. Es empfiehlt sich also, bei Interesse an SBC zunächst sehr intensiv auf Unterschiede zwischen den Modellen und verbaute Hardware ("überschaubarer Anzahl" von Komponenten auf dem SBC) zu achten. Hier kann es sich durchaus lohnen, auch einmal "gegen den Strom zu schwimmen" und Modelle mit kleinerer Nutzerbasis ins Auge zu fassen. Ich bin mit obiger Erstwahl uneingeschränkt zufrieden, auch wenn ich Ende des Jahres ggf. langsam mit einer neueren CPU-Generation (ARMv8.2) liebäugle, welche Radxa auf den Markt bringen will.
EDIT: Bei Radxa sollte man im Auge behalten, dass dort bisweilen auch verschiedene Revisionen desselben Basis-Boards in zeitlich kurzen Abständen herausgegeben werden, welche bisweilen signifikante Design-Anpassungen/-Korrekturen (Stromversorgung auf den Pins, …) aufweisen. Mein bisheriger Eindruck ist der, dass die Chinesen (Radxa) wesentlich mehr Modelle entwerfen und "näher an der Chip-Quelle" sitzen als die Koreaner (HardKernel), welche dafür ggf. etwas mehr Aufwand beim initialen Design eines Modells betreiben, weil sie sich aufgrund der Unternehmensgröße auf weniger Modelle konzentrieren und diese in Stückzahlen "an den Mann" bringen müssen.
[*] Gerade die letzten v5.1x-Kernel haben sukkzessiv Erweiterungen für die aarch64/arm64-Architektur gesehen, wobei etwa Patches für die Reboot-Unterstützung bislang noch durch die SBC-Anbieter "downstream" beigesteuert werden müssen (diese werden ihren Weg in den Standard-Kernel finden, aber das kann noch ein paar Wochen/Monate dauern)
[**] Nach meinem bisherigen Kenntnisstand; allerdings habe ich mit Entscheidung für den HardKernel ODROID N2+ im August letzten Jahres die Veröffentlichung von Firmware-Details zum Raspberry nicht mehr wirklich verfolgt, da mir selbst die aktuellen RPi-Modelle eine zu schwache CPU-Leistung aufweisen und ich von der obengenannten Software-Unterstützung begeistert bin.