Die Moderne Software AzuraCast ist eine quelloffene Komplettlösung zum Betrieb eines Webradios. Sämtliche Funktionen werden über einen Browser gesteuert, sogar ein vollständig Browser-basierter Streaming-Client wurde implementiert. Die Radioautomation wird ständig weiterentwickelt und noch haben einige Features Verbesserungsbedarf, doch bereits jetzt kann die Software produktiv eingesetzt werden.
Der Unterbau von AzuraCast setzt auf bewährte Komponenten, und versucht dennoch, dem aktuellen Stand der Technik zu entsprechen. So kommen zum Aufbau der Streaming-Plattform Icecast (Shoutcast optional) und die Script-Sprache Liquidsoap zum Einsatz, das Verwalten der einzelnen Streams geschieht über eine umfangreiche Webanwendung. Um die Installation auf allen Systemen so einfach wie möglich zu machen, werden sämtliche Komponenten mit einem Docker-Container virtualisiert. Das Einrichten reduziert sich dadurch auf wenige Kommandozeilen-Befehle, der Rest geschieht dann im Browser. AzuraCast sollte dadurch auf allen gängigen Linux-Systemen lauffähig sein. ARM-basierte Plattformen wie etwa der Raspberry Pi werden derzeit allerdings nicht unterstützt.
Für mehr Vielfalt im Radio
Das Grundprinzip der Plattform besteht in der Möglichkeit, statt nur eines Radiosenders gleich mehrere, jeweils in sich abgeschlossene Stationen anzubieten. Auf diese Weise lässt sich nicht nur ein kompletter Hosting-Dienst betreiben, sondern auch ein Webradio, das für jeden Geschmack die richtige Musikfarbe bietet. Jede Station hat dabei ihr eigenes Profil und verwaltet ihre eigenen Musikdateien und Wiedergabelisten. Des Weiteren lassen sich Benutzer anlegen, die Live-Sendungen über den integrierten Web-DJ oder über eine traditionelle Streaming-Software senden dürfen. Umfangreiche Einstellungen, Statistiken und weitere Administrationswerkzeuge runden die Oberfläche perfekt ab. Sogar an Anwender von Hilfstechnologien wurde gedacht, denn die gesamte Oberfläche lässt sich sehr gut mit Screenreadern bedienen.
Verbesserungsbedarf im Sendeablauf
Die Rotation wird über Wiedergabelisten gestaltet. In der Oberfläche sieht man zunächst jedoch nicht die den Listen zugeordneten Dateien, sondern lediglich die Einstellungen und Planungsregeln, was den Umstieg von anderen Radio-Automationen etwas verwirrend machen könnte. Beim Bearbeiten einer Wiedergabeliste wird festgelegt, ob es sich um eine Lieder-basierte oder um eine URL-Wiedergabe handelt, also um externe Inhalte wie etwa zugelieferte Nachrichten oder Sendungen. Gemischte Wiedergabelisten sind hingegen noch nicht möglich. So wäre beispielsweise ein Nachrichten-Container mit lokaler Opener-Datei, per URL zugelieferten Nachrichten und lokalem Closer nur über Umwege denkbar. Mit Inhalt gefüllt werden die Wiedergabelisten im Bereich Musikdateien. Einzelne Dateien oder komplette Ordner können hier beliebig vielen Wiedergabelisten zugeordnet werden, mehrfaches Hochladen von Dateien kann also entfallen. Neue Inhalte lassen sich über den Browser hochladen. Bei großen Datenmengen kann im Docker-Container ein temporärer FTP-Server eingerichtet werden, was jedoch einen Eingriff per Kommandozeile erfordert.
Im Administrationsbereich einer Station wird das Verhalten des Auto-DJs festgelegt. Hierbei zeigt sich, dass das sogenannte Crossfading, also die Übergänge zwischen einzelnen Dateien zwar auch eine Smart-Option bietet, welche die Lautstärken der Tracks beim Mischen beachtet, jedoch noch keine Stille-Erkennung enthält, was die Übergänge zwischen Songs mitunter ziemlich holperig wirken lässt. Auch gibt es keine getrennten Fading-Einstellungen für verschiedene Arten von Dateien. Während die Übergänge zwischen Musikstücken durchaus länger sein dürfen, möchte man Jingles oder Voicetracks natürlich eher ohne oder nur mit geringem Fading ausstrahlen. Hier ist also noch einiges zu optimieren. Immerhin bietet AzuraCast erfahrenen Benutzern jetzt schon die Möglichkeit, eigenen Code in die Liquidsoap-Konfiguration einzuschleusen.